Meyer Werft: „Erst 2030 werden wir die Situation haben, die wir im letzten Jahr hatten“

Meyer Werft: „Erst 2030 werden wir die Situation haben, die wir im letzten Jahr hatten“

© www.kreuzfahrt-aktuelles.de
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Geschäftsführung der Meyer Gruppe prognostiziert schwere Zeiten für Werft und Reedereien 

In einem neuen Video, das die MEYER WERFT gestern veröffentlicht hat, berichten die beiden Geschäftsführer Thomas Weigend und Bernard Meyer über die neue Situation der Meyer Werften und auch über die möglichen Folgen der Coronavirus-Krise für die Werften und Reedereien. Bernard Meyer greift dabei auf 47 Jahre Erfahrung in der Branche zurück. Wie er selbst erzählt, habe er 1973 auf der Werft begonnen und schon einige Krisen erlebt – doch nie eine solche wie die derzeitige Krise ausgelöst durch das Coronavirus.

Thomas Weigend eröffnet das Video mit den Worten „Ja, wir erleben derzeit die größte Krise der modernen Kreuzfahrt seit deren bestehen“. Anschließend geht er darauf ein, dass man zwar die Krisen um 11. September 2001 und auch die Banken- und Wirtschaftskrise 2009 gut überstanden habe, aber man es diesmal mit einer viel drastischeren Krise zu tun habe. Denn erstmals in der Geschichte stehen nahezu alle Kreuzfahrtschiffe auf den Weltmeeren still. „In dieser Krise kämpfen auch unsere Kunden ums Überleben“, fährt Weigend fort und bezieht somit auch die Reedereien ein. 

In diesem Rahmen berichtet Weigand über die Pläne und Absagen der Reedereien, deutet aber mit dem Hinweis auf die Regelungen der amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC (Centers for Disease Control and Prevention) darauf hin, dass es zu weiteren Absagen kommen könnte. Zuletzt habe die CDC mitgeteilt, dass es bis 23.07.2020 zu keinen Kreuzfahrten ab und mit amerikanischen Häfen kommen wird. Es sei laut Weigand daher abzusehen, dass das Ausmaß der Coronavirus-Krise für den Kreuzfahrtmarkt also weit schwerwiegend sei, als man bisher angenommen habe. 

Weigend berichtet, dass Marktbeobachter die These aufgestellt hätten, dass der weltweite Kreuzfahrtbetrieb bis Ende 2020 maximal 50-75% betragen wird. Das würde für die Reedereien im Jahr 2020 sehr starke Verluste bedeuten. Für 2021 wird eine kostendeckende Kreuzfahrt prognostiziert, erst 2022 könnten die Reedereien „möglicherweise“ wieder Gewinne erwirtschaften. Mit diesen könnten sie erst dann wieder Schulden tilgen, so Weigand.

Aufgrund dieser Annahmen rechne man bei der Meyer Werft bis mindestens 2023 / 2024 nicht mehr mit neuen Bestellungen von Kreuzfahrtschiffen. Möglicherweise könnte eine oder mehrere Reedereien zahlungsunfähig werden und den Weg der Insolvenz beschreiten müssen, so Weigend. Dies würde in der Folge bedeuten, dass deren Kreuzfahrtschiffe relativ günstig zu erwerben wären. Daraus wiederum resultiere ein weiterer Auftragsverfall für die Werften. 

Durch die fehlenden Aufträge gehe man nun davon aus, dass die Werften eine absolute Überkapazität haben werden. Dies wird auch bei der Meyer Werft Papenburg deutlich. Dort wurde der Personalbestand aufgestockt, sodass man jährlich drei statt bisher zwei Kreuzfahrtschiffe pro Jahr abliefern kann. Durch eine einbrechende Auftragslage wären diese drei Schiffe im Jahr nicht mehr nötig. 

„Kurzfristig können die Reedereien überhaupt gar keine Neubauten gebrauchen, mittelfristig werden sie versuchen, Ablieferungstermine zu schieben und Optionen nicht einzulösen. Langfristig und somit über Jahre, werden Reedereien keine neuen Kreuzfahrtschiffe mehr bestellen“, so Weigend über die Auftragslage der nächsten Jahre. 

Das beste Szenario für die Papenburger Werft sei nach aktuellen Stand, dass man die Produktion wieder herunterfahren und „nur“  noch zwei Kreuzfahrtschiffe pro Jahr fertigen würde. Da davon auszugehen sei, dass es bis 2023/2024 keine neuen Bestellungen geben wird, wolle man versuchen, die aktuellen Aufträge zu strecken. Dies würde im Umkehrschluss bedeuten, dass die aktuell im Bau befindlichen und bestellten Schiffe nicht im bisher angegebenen Zeitraum in Dienst gestellt werden. „Wir führen dazu derzeit Gespräche mit unseren Kunden“, „Eine solche Anpassung würde bedeuten, dass wir unsere Arbeitsleistung um etwa 40% kürzen müssten“, so Weigend. 

Ziel der aktuellen Maßnahmen ist also, das aktuelle Volumen zu strecken, so würde zwar weniger Arbeit anfallen, doch die Werft könnte so ihr Bestehen sichern. 

Bernard Meyer: „Ich habe noch nie so eine Krise in den 47 Jahren erlebt“

 

Bernard Meyer leitet seinen Teil des Videos damit ein, dass er berichtet, dass er in seinen 47 Jahren auf der Werft nie so eine Krise erlebt habe. Zwar gab es in dieser Zeit einige kleine Krisen. Auch habe die Werft sich erst nach 20 Jahren von der Ölkrise, der Tankerkrise und der Werftenkrise erholt – erst 1993 war man wieder auf dem Stand von 1973. 

„Einer unserer Kunden hat gesagt: “ Ich brauche eure Schiffe eigentlich überhaupt nicht““, so Meyer. Der Kunde sei froh, wenn er seine aktuelle Flotte überhaupt wieder einsetzen darf. Nun überlege man das Bauprogramm zu strecken um keine Stornierungen der Aufträge für die Werft und den Kunden zu erreichen. 

„Wir müssen in allen Firmen, in allen Bereichen leider zurückfahren und überlegen wie wir unsere Arbeiten neu strukturieren“. Weiterhin führt er fort, dass dies für alle Bereiche und auch für die Tochterfirmen zu weniger Arbeiten führen wird und dass man leider über den Abbau von Arbeitsplätzen nachdenken muss, da nicht mehr so viele Kreuzfahrtschiffe gebraucht werden würden. 

Im letzten Teil des Videos sagt Bernard Meyer etwas, das wohl jedem Kreuzfahrer direkt in den Kopf einbrennen wird: „Erst 2030 werden wir die Situation haben, die wir im letzten Jahr hatten“. Dementsprechend würde die Werft an die neue Situation angepasst werden. 

Zusammenfassung:

 

Zusammengefasst bedeuten die Aussagen der beiden Geschäftsführer nun, dass die Werft versuchen wird ihr Auftragsbuch zu strecken, da man bis mindestens 2023 mit keinen neuen Bestellungen mehr rechnet. Eine Streckung der aktuellen Aufträge hat allerdings auch Auswirkungen auf die Branche. Denn auch die Kreuzfahrtschiffe, die aktuell im Bau sind, würden verspätet ausgeliefert werden. Das betrifft für dieses Jahr die Spirit of Adventure für Saga Cruises und die Odyssey of the Seas für Royal Caribbean International und für nächstes Frühjahr die AIDAcosma für AIDA Cruises. So könnte die Arbeitsleistung der Werft aufrecht erhalten werden und dem möglichen Wunsch der Reedereien nach einer Auslieferungsverschiebung nachgekommen werden. 

Viel schwerer wiegt allerdings, dass daraus ebenfalls resultiert, dass Stellen abgebaut werden müssten und das an allen Standorten. Das gilt für die Meyer Werft in Papenburg, die Meyer Werft in Turku und voraussichtlich auch für die Neptun Werft in Rostock-Warnemünde. Durch die Reduzierung der Arbeit auf der Werft würde als Folgeeffekt auch weniger Arbeit für die vielen Zuliefererunternehmen entstehen, da die Aufträge für die Meyer Werften geringer ausfallen könnten. 

Video „Dramatische Lage im Kreuzfahrtmarkt – Auswirkungen auf MEYER Gruppe:

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